Wann habe ich als Vertragspartei Gewissheit, ob die Gemeinde ein Vorkaufsrecht noch ausüben darf?

Bei bestimmten Immobilientransaktionen hat die Gemeinde ein gesetzliches Vorkaufsrecht unter den im Baugesetzbuch (BauGB) geregelten Voraussetzungen. Falls es besteht, kann die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausüben und so zu den von den Vertragsparteien vereinbarten Konditionen als Käufer in den Kaufvertrag eintreten. Erst nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist oder der Mitteilung, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, kann der Kaufvertrag zwischen den ursprünglichen Parteien weiter vollzogen werden. Der Gesetzgeber hat insoweit eine zeitliche Grenze gezogen: Das BauGB bestimmt, dass das Vorkaufsrecht nur binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden kann. Was bedeutet nun „Mitteilung des Kaufvertrages“ für die Frist?

Denkbar ist, dass die Frist bereits mit der bloßen Mitteilung des Inhalts des Kaufvertrages an die Gemeinde zu laufen beginnt. Die andere Möglichkeit ist, dass zusätzlich erforderlich ist, dass der Kaufvertrag auch wirksam ist; also erst wirksam wird nach Vorliegen zunächst noch fehlender Genehmigungen und/oder z. B. des Eintritts bestimmter im Vertrag geregelter Wirksamkeitsbedingungen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat jüngst zugunsten der zweiten Möglichkeit entscheiden und damit klargestellt, dass das Entstehen des Rechts zur Ausübung des Vorkaufs-rechts und damit die Zwei-Monats-Frist an das Zustandekommen eines rechtswirksamen Kaufvertrages geknüpft ist. Dies sei erst dann der Fall, wenn auch für die Wirksamkeit des Vertrages erforderlichen Genehmigungen erteilt seien. Denn bis zu diesem Zeitpunkt könnten die Vertragsparteien den Vertrag willkürlich aufheben und damit das Vorkaufsrecht gegenstandslos machen, denn der Vorkaufsberechtigte hat kein Recht auf den Eintritt des Vorkaufsfalles (BVerwG, Beschl. v. 28.08.2020 – 4 B 3.20).

Damit gilt nunmehr für das (öffentlich-rechtliche) Vorkaufsrecht der Gemeinde die gleiche Rechtslage wie zuvor bereits für rein zivilrechtliche Vorkaufsrechtsfälle (vgl. z. B. BGH, Urt. v. 01.10.2010 – V ZR 173/09; OLG Hamm, Urt. v. 18.12.2017 – 22 U 19/16).

Bei der Vertragsgestaltung ist daher ggf. zu berücksichtigen, wann der Kaufvertrag wirksam wird, soweit die Gestaltung in den Händen der Vertragsparteien liegt und die Wirksamkeit nicht von externen Faktoren (wie z. B. einer sanierungsrechtlichen Genehmigung in Sanierungsgebieten oder einer Grundstücksverkehrsgenehmigung bei land-/forstwirtschaftlichen Flächen) abhängt. Ansonsten können „zwei Monate“ u. U. sehr lang werden…

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